03.01.2023
Impuls zur Jahreslosung 2023 von Pfarrerin Sophie Ludwig aus Prenzlau
Wenn Gott mich ansieht, dann trifft sein Blick meine Seele und mein Herz. Da ist nichts, was mir peinlich sein muss. Ja, auch die Wunden, Fehltritte, Abgründe, Freude, Wünsche und Sehnsüchte sieht Gott. Aber Gott verurteilt nicht, Gott bestärkt.
Hagar kommt zu diesem Glaubensbekenntnis. Sie ist die Frau, deren Erkenntnis unser Jahr 2023 begleiten möchte. Hagar („die Fremde“) ist eine Geflüchtete, die als Magd ihrer Herrin Sarai (Sarah) dient. Sarai ist die Frau von Abram (Abraham). Die Geschichte dieser Menschen wird gleich auf den ersten Seiten der Bibel erzählt.
Sarai ist unfruchtbar. Sie versucht ihr Leid und das ihres Mannes zu mildern, indem sie ihren Mann bittet, mit ihrer Magd ein Kind zu zeugen. Ihre Magd Hagar wird zur Zweitfrau Abrams und wird schwanger. Nun ist sie mehr als nur die Magd. Sie trägt das langersehnte Kind unter ihrem Herzen und wird überheblich. Sarai und Hagar geraten immer wieder aneinander. Abram reagiert erst auf diesen Konflikt, als Sarai sich deutlich beschwert. Bevor es Konsequenzen für Hagar gibt, flieht die Schwangere in die Wüste und ruht sich erschöpft an einem Brunnen aus.
Ein Engel, von Gott gesandt, kommt zu Hagar und spricht mit ihr. Sie ist die erste Frau in der Bibel, die Gott durch einen Boten persönlich anspricht! Der Engel lässt sich berichten, wer Hagar ist, woher sie kommt. Und Hagar wird ihr Elend bewusst. Sie ist Dienerin, hat ihre Unterkunft, ihre Zukunft durch ihr Weggehen verloren. Alles ist ungewiss.
Dann bekommt Hagar, auch als erste Frau in der Bibel, eine Verheißung, die ihr Leben aus dem Elend holt. Der Engel sagt, dass ihr Kind ein Junge und sie viele Nachkommen haben wird. Hagar schöpft Hoffnung. Der Blick auf ihr Leben wandelt sich. Sie erkennt, dass in der Begegnung mit dem Engel Gott ihr nah ist, dass Gott sie ansieht: „Und sie nannte den Namen des HERRN, der mit ihr redete: Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Bevor Hagar genug Kraft und Mut hat wieder umzukehren, verwandelt ihr Bekenntnis sie von einer geringen Magd zu einer Frau, die sich gesehen, bestärkt und gesegnet weiß.
Liebe Leserinnen und liebe Leser, fühlen Sie sich vielleicht auch übersehen? Gott sieht dich! Wenn andere nicht genau hinsehen, wer du eigentlich bist, sich keine Zeit nehmen, dir keine zweite Chance geben oder sich nicht vorstellen können, dass du dich weiterentwickelst - Gott sieht dich an!
Wage neue Wege. Sieh um dich herum. Fällt Ihnen eine Person ein, die Sie vielleicht im letzten Jahr übersehen haben? Wer sollte mehr in einem bestärkenden Blickfeld sein?
Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes, bestärkendes und blickreiches neues Jahr.
Ihre Sophie Ludwig, Pfarrerin in Prenzlau und Präses der Kreissynode