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Vom Eise befreit ...

Ein besonderer Ostergruß von Holger Müller-Brandes ("Erwachsen glauben" im Kirchenkreis)

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
im Tale grünet Hoffnungsglück;
der alte Winter, in seiner Schwäche,
zog sich in rauhe Berge zurück.

So legte es einst Johann Wolfgang von Goethe seinem Dr. Faustus in den Mund und so geben seine Verse bis heute einem Urgefühl alles Menschlichen, das zweifelt und hofft, einen befreienden Ausdruck.

Dass Goethes Dichtung nichts von ihrer Wirkung eingebüßt hat, liegt wohl zunächst am Wort vom „Eis“, in dem alles anklingt, was uns klamm und kalt, erstarrt und manchmal auch schockgefroren zurücklässt. Unwillkürlich steht jedem, der Goethes Gedicht hört oder liest, vor Augen, was das sein könnte - sowohl im persönlichen Bereich, als auch in der Gesellschaft, die uns umgibt. Das Bedrohliche des Eises, das uns paralysieren und und bewegungsunfähig machen kann, liegt dabei weniger in dem Schlimmen, das uns schon betroffen hat, sondern in den Befürchtungen dessen, was uns noch ereilen könnte. Unsere Ahnungen, die sich in eine noch ungekannte Zukunft richten, verlangsamen den Puls unserer Gedanken und Empfindungen, als wäre eine Eispackung um unser Herz gelegt.

Dagegen setzt Goethe ein Wort, das uns regelrecht entflammen kann - „Hoffnungsglück“. Ich habe diese Kombination aus „Hoffnung“ und „Glück“ noch in keinem anderen Zusammenhang gehört, auch eine Google-Recherche ergibt keine weiteren Treffer - wir dürfen davon ausgehen, dass der Dichter diese faszinierende, fast magisch anziehende Vokabel erfunden hat. Wie ist wohl der innere Zustand beschaffen, in dem man von Hoffnungsglück sprechen kann? Mit Sicherheit ist es mehr als die erste Liebe, von der wir schon als Teenager ahnten, dass sie doch zerbrechen kann. Hoffnungsglück, wenn es einmal eintritt, ist unverwüstlich und wird uns ewig emporziehen.

Im Johannesevangelium ist notiert, dass der Jünger Petrus, nachdem er den Auferstandenen gesehen hat, doch wieder alles auf Anfang stellt und resigniert in seinen Beruf als Fischer zurückkehrt - so, als wäre nichts gewesen. Als ihm Jesus, der Auferstandene, am fernen Ufer doch wieder erscheint, kann er sein Glück nicht fassen.

Petrus springt von spontanem Impuls getrieben außenbords. Vom inneren Eise befreit lässt er den ganzen Fischfang zurück und schwimmt mit kräftigen Zügen an Land, von purem Hoffnungsglück erfüllt. Darf ich uns einen guten Rat geben? Machen wir es ebenso.

Eine gesegnete österliche Zeit wünscht Ihnen herzlichst Holger Müller-Brandes ("Erwachsen glauben")